Khadi

Khadi oder Khaddar bedeutet handgesponnener, handgewobener Baumwoll- oder Seidenstoff.

Im Jahre 1918 begann Mahatma Gandhi die Khadi-Bewegung als Hilfsprogramm für die vielen Bedürftigen in den indischen Dörfern. Handspinnen und –weben wurde zum Symbol der Selbstversorgung und Selbstverwaltung erhoben. Jedes Dorf soll pflanzen und ernten was zur Herstellung des Eigenbedarfes an Webgarnen nötig ist. Jede Frau, jeder Mann soll handspinnen und den Faden dem Dorfweber zur Verarbeitung übergeben. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und zum Teil in etlichen Gebieten auch noch weit darüber hinaus, haben die Bauern nicht über das ganze Jahr genügend Arbeit wegen der langen Trockenzeit. Ungefähr vier Monate verdienen die vielen Bauern ohne eigenes Land keinen Lebensunterhalt. Spinnen bietet da eine günstige Beschäftigung; viele können es schon oder es ist sehr einfach zu erlernen. Es braucht kein großes Kapital und Anschaffungen, auch ein verbessertes Handspinnrad kann leicht und billig hergestellt werden. Erforderlich ist jedoch die Zusammenarbeit der Dorfleute und die Fähigkeit der Verwaltung der eigenen Dorfökonomie. Gandhi sah das Programm als Unabhängigkeit von ausländischen Materialien (und damit symbolisch auch von ausländischer Herrschaft) und es galt ihm somit als erster Schritt zur wahren Freiheit. In jener Zeit wurden die Rohmaterialien alle nach England verfrachtet und dann als teure Fertigprodukte wieder eingeführt. Die lokale Bevölkerung verlor somit Arbeit und Verdienst an ihren eigenen Materialien. Gandhis Idee war es auch, dass in einem Land, wo manuelle Arbeit verachtet ist, eine gemeinsame Beschäftigung die Reichen und die Armen näher zusammenführen würde und die Würde der Handarbeit demonstriert werden könne, denn er verlangte nicht nur von den Bedürftigen, sondern von jedermann mindestens eine Stunde täglich Garn zu spinnen als Opfer an sein Land und Pflicht gegenüber den vielen Armen. Er hoffte damit eine Brücke zu bauen und einen gewissen Zusammenhalt der Massen, zwischen arm und reich, zwischen verschiedenen Kastenklassen zu erreichen. Er sah in der Gründung der Khadi-Bewegung ökonomische, kulturelle, soziale Aufgaben neben den politischen Zielen.

Im Jahre 1934/35 erweiterte er seine Idee der Hilfe an den Einzelnen zum Programm der Selbsterhaltung und Selbstverwaltung ganzer Dorfschaften. In 1942/43 (nach seinen Gefängnisaufenthalten) hatte er etliche Treffen und Diskussionen mit Webern und Dorfhelfer, um das ganze Programm in landesweiter Sicht zu organisieren. Auch heute noch sind viele Dörfer dieser Organisation im Khadi Gramodyog angeschlossen, eine von der Regierung unterhaltenen Kooperative, welche neben Webern und Spinnern auch andere Dorfprogramme und Sozialprogramme einschließt, welche von Mahatma Gandhi vertreten wurden, wie z. B. die Aufhebung der Unberührbarkeit der Kastenlosen, Dorfsanierung, Gesundheit und Hygiene, Grund-und Erwachsenenschulung.

Khadi ist kein Stoff von fachlich Ausgebildeten hergestellt, er fällt nicht unter strikte Qualitätskontrollen bevor er die indischen Khadi Bhandars (spezielle Khadi-Läden) erreicht, er strebt nicht den Export abn sondern die Deckung der eigenen Bedürfnisse. Es ist die Arbeit von Dorfleuten, Erfahrenen und Laien, welche in Zeiten finanzieller Not darauf zurückgreifen, um das niedrige Einkommen aufbessern zu können. Wir müssen den Khadistoff mit seinen Unregelmäßigkeiten annehmen als das, was er nun einmal ist: ein gewobenes Stück der reichen Mannigfaltigkeit der verschiedenen Personen, die daran gearbeitet haben.

Die Rehabilitation Unit des Hubli Hospital for the Handicapped (RTU HHH) hat angefangen, diese Dorfstoffe in ihrer Textildruckerei und Näherei zu verwenden, weil leider im Durchschnitt heute ein zu geringe Anzahl Inder für ihre Alltagskleider davon Gebrauch machen und die Regierungslager überfüllt sind, so dass die Produktion, welche dem kleinen Mann im Dorf direkt hilft, eingeschränkt werden muss. Wo immer möglich, möchte die RTU HHH zum Verbrauch von Khadi beitragen bei der Herstellung von handwerklichen Arbeiten durch die Behinderten in der geschützten Werkstätte und in Heimarbeit.

(nach einem Text der RTU HHH)